Proximales Handgelenk (Radiokarpalgelenk) (2024)

Autor:in: Nicole Gonzalez•Geprüft von: Marie Hohensee, MSc
Zuletzt geprüft: 27. September 2023
Lesezeit: 9 Minuten

Proximales Handgelenk (Radiokarpalgelenk) (1)

Videoempfehlung: Knochen der Hand und des Handgelenks [20:05]

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Articulatio radiocarpea

Handgelenk

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Synonyme: Articulatio radiocarpalis, Radiokarpalgelenk

Das proximale Handgelenk (Articulatio radiocarpalis) liegt zwischen dem Unterarm und der proximalen Reihe der Handwurzelknochen.Gemeinsam mit dem distalen Handgelenk (Art. mediocarpalis) bildet es eine funktionelle Einheit.

Aufgrund seiner Anatomie unterstützt es maßgeblich die Funktion seiner Nachbargelenke und damit auch die Greif- und Haltefunktion der Hand.

Dieser Artikel beschreibt die Anatomie, den Aufbau und die Funktion des distalen Handgelenks.

Kurzfakten zum proximalen Handgelenk
Artikulierende Knochen und GelenkflächenMehrere Knochen bilden zusammen Gelenkpfanne und -kopf.
Gelenkpfanne: Facies articularis carpalis, Discus articularis ulnocarpalis
Gelenkkopf: Os scaphoideum, Os lunatum, Os triquetrum
Anteile von Gelenkpfanne und -kopf bilden untereinander Teilgelenke
GelenkartEigelenk
MuskelnLange Flexoren und Extensoren des Unterarms
FunktionDorsalextension
Palmarflexion
Ulnarabduktion
Radialabduktion
Zirkumduktion

Inhalt

  1. Aufbau
  2. Kapsel und Bänder
    1. Bänder zwischen Ulna bzw. Radius und proximaler Handwurzelreihe
    2. Bänder zwischen den Handwurzelknochen
  3. Mechanik
  4. Muskulatur
  5. Klinik
  6. Literaturquellen

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Aufbau

Das proximale Handgelenk besteht aus mehreren knöchernen Anteilen, die untereinander Teilgelenke bilden.

Die ellipsenförmige Gelenkpfanne entsteht aus dem Zusammenspiel der Facies articularis carpalis am distalen Ende des Radius und dem Discus articularis ulnocarpalis. Letzterer stellt eine Art Erweiterung der Ulna dar, wodurch eine indirekte Verbindung zu den Handwurzelknochen entsteht.

Gemeinsam mit der Circumferentia capitis ulnae und der Incisura ulnaris radii bildet der Discus articularis ulnocarpalis das distale Radioulnargelenk, eines der großen Kompartimente (Synovialräume) an den Hand- und Fingergelenken.

Der ebenfalls ellipsenförmigeGelenkkopf des proximalen Handgelenkes besteht aus drei der proximalen Handwurzelknochen (Os scaphoideum, Os lunatum, Os triquetrum). Diese sind eng beieinander angeordnet und werden durch straffe Bänderzusammengefasst.

Der Komplex aus Gelenkpfanne und Gelenkkopf wird auch als radiokarpales Kompartiment bezeichnet. Innerhalb dieses zweiten großen Kompartiments entstehen durch direkten Kontakt einzelner Knochen mehrere Teilgelenke:

  • zwischen Os scaphoideum und der Facies articularis carpalis
  • zwischen Os lunatum und den beiden Anteilen der Gelenkpfanne
  • zwischen Os triquetrum und dem Discus articularis ulnocarpalis
  • Amphiarthrosen zwischen den Handwurzelknochen

Das proximale Handgelenk steht nicht exakt in der Achse des Unterarms, da die Gelenkpfanne leicht nach palmar bzw. ulnar geneigt ist.

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Kapsel und Bänder

Die Gelenkkapsel des proximalen Handgelenks ist an den Übergängen von Knorpel- und Knochengewebe befestigt. Sie ist äußerst weit und dünn, wobei sie palmar straffer als dorsal ist. Die Gelenkkapseln des proximalen und distalen Handgelenks gehen ineinander über. Innerhalb der Kapsel verlaufen Bänder, die die Gelenkhöhlen voneinander trennen.

Die schlaffe Gelenkkapsel wird von einem umfangreichen Bandapparat verstärkt, der auch das distale Handgelenk umgibt. Dadurch wird das funktionelle Zusammenspiel der Handgelenkanteile unterstützt.

Die Bandzüge des Handwurzelbereiches sind in mehreren Schichten (oberflächliche, mittlere und tiefe Schicht) angeordnet und können nach ihren Lagebeziehungen in vier Gruppen unterteilt werden: Bänder zwischen Ulna bzw.Radius und proximaler Handwurzelreihe, zwischen den Handwurzelknochen, zwischen Handwurzel und Mittelhand und zwischen Basen der Mittelhandknochen II-V. Die Bänder, welche das proximale Handgelenk umgeben, gehören den ersten zweiGruppen an.

Bänder zwischen Ulna bzw. Radius und proximaler Handwurzelreihe

Die Bänder dieser Kategorie zählen hauptsächlich zur mittleren Schicht:

Ligamentum collaterale radiale carpi

Speichenseitiges Kollateralband des Handgelenks

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Synonyme: Ligamentum collaterale radiale articulationis radiocarpalis, Radiales Kollateralband des Handgelenks, Zeige mehr...

  • Lig. collaterale carpi radiale:Processus styloideus radii → Os scaphoideum
  • Lig. radiocarpale palmare:besteht aus drei Faserzügen, die den Radius mit der proximalen und distalen Handwurzelreihe verbinden.
  • ulnokarpaler Komplex (Fibrocartilago triangularis, TFCC): Im Zusammenwirken mehrerer Bänder entsteht der dreieckige, faserknorpelige TFCC. Dabei ist der Discus articularis zentral in die Ligg. ulnolunatum, ulnotriquetrum, collaterale carpi ulnare, radioulnare palmare und dorsale eingebettet. Zwei weitere Bestandteile sind der Meniscus ulnocarpalis und die Sehnenscheide des M. extensor carpi ulnaris. Der TFCC nimmt eine tragende Rolle bei der Gelenkstabilität und -funktion ein.
  • Lig. radiocarpale dorsale:drei Faserzüge, die Radius und die Ossa scaphoideum, lunatum bzw. triquetrum miteinander verbinden.

Bänder zwischen den Handwurzelknochen

Die Knochen der proximalen Handwurzelreihe sind von allen drei Schichten des Bandapparates umgeben:

Ligamenta intercarpea interossea

Zwischenknochenbänder der Handwurzelknochen

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Synonyme: Ligamenta intercarpalia interossea, Ligamenta intercarpica interossea

  • Ligg. intercarpalia interossea befinden sich tief direkt zwischen benachbarten Knochen der proximalen Handwurzelreihe und sorgen für deren Zusammenhalt.
  • Als mittlere Schicht sind palmar und dorsal Flächenbänder vorhanden, die über alle Knochen einer Reihe hinwegziehen. Zu ihnen zählen die Ligg. intercarpalia palmaria, intercarpalia dorsalia und carpi acuatum.
  • Die oberste Schicht stellen die transversal verlaufenden Retinacula flexorum und extensorum dar. Sie befestigen die Sehnen der Muskulatur palmar und dorsal am Handgelenk.

Mechanik

Als Eigelenk besitzt das proximale Handgelenk zwei Bewegungsfreiheitsgrade um zwei Achsen.

Bei sämtlichen Bewegungen wirken proximales und distales Handgelenk gemeinsam, wobei sie unterschiedlich stark beteiligt sind.

Extensio manus

Extension der Hand

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Synonyme: Extensio carpi, Extensio articulatio radiocarpalis, Zeige mehr...

Um die Horizontalachse kann das Gelenk in Dorsalextension (ca. 60°) und Palmarflexion (bis ca. 90°) gebracht werden. Bei ersterer wirkt das distale Handgelenk stärker, bei letzterer das proximale. Um eine Achse senkrecht zur Handfläche sind Ulnarabduktion (ca. 40°) und Radialabduktion (ca. 20°) möglich.

Bei diesen Abduktionsbewegungen treten besondere mechanische Vorgänge auf:

Die Radialabduktion engt das Os scaphoideum ein, welches sich dadurch nach ventral verlagert. Zum Ausgleich kippen die Ossa trapezium und trapezoideum des distalen Handgelenks nach dorsal. Für die Stabilität des Handgelenks sorgen an dieser Stelle insbesondere die palmaren und interossären Flächenbänder.

Bei der Ulnarabduktion verhalten sich die ulnaren Handwurzelknochen ähnlich, allerdings ist hier die Verlagerung wesentlich geringer, da ein weiterer Gelenkraum zwischen Ulna, Discus articularis ulnocarpalis und Handwurzelknochen besteht.

Als Kombinationsbewegung ist auch eine Zirkumduktion (Kreisen der Hand) möglich, bei der die proximalen und distalen Handgelenke sowie die Mittelhandgelenke zusammenspielen.

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Muskulatur

Im Bereich des Handgelenks verlaufen die langen Unterarmmuskeln, die palmar und dorsal durch das Retinaculum flexorum bzw. extensorum befestigt sind. Diese können je nach Wirkung auf das proximale Handgelenk in vier Gruppen unterteilt werden:

Musculus flexor carpi ulnaris

Ellenseitiger Handbeuger

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Synonyme: Musculus flexor ulnaris carpi, Ellenseitiger Handgelenkbeuger

  • An der Palmarflexion des Handgelenks sind die palmar liegenden Mm. flexor carpi ulnaris und radialis, flexor digitorum profundus und superficialis sowie der M. flexor pollicis longus beteiligt.
  • Die wichtigsten Dorsalextensoren sind die am Handrücken verlaufenden Mm. extensor digitorum, extensor carpi ulnaris, carpi radialis longus und brevis sowie der M. extensor indicis. Unterstützung erhalten diese durch die Mm. extensor digiti minimi und pollicis longus.
  • Für die Radialabduktion sind hauptsächlich die Mm. extensor carpi radialis longus und brevis, abductor pollicis longus und die Mm. extensor pollicis longus und brevis zuständig. Darüber hinaus wirken die Mm. flexor carpi radialis und pollicis longus.
  • Bei der Ulnarabduktion gibt es nur drei Hauptakteure: die Mm. extensor carpi ulnaris, flexor carpi ulnaris und extensor digiti minimi.

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Klinik

Da die Knochen des Handgelenks eng beieinander liegen, können sie bei einem Sturz - vor allem auf der radialen Seite - schnell brechen. Am häufigsten kommt es zur Scaphoidfraktur (Bruch des Os scaphoideum).

Aufgrund der schlechten Durchblutung in diesem Bereich treten oft Probleme bei der Regeneration auf. Man spricht von einer Pseudarthrose, wenn der bestehende Bruchspalt nicht verknöchert, sondern lediglich durch Bindegewebe ausgefüllt wird.

Häufig werden Pseudarthrosen erst spät erkannt, z.B. bei einer erneuten Fraktur des Os scaphoideums. In diesem Fall kann die alte Fraktur durch die Sklerosierung der ehemaligen Bruchflächen und einen neugebildeten Kompaktasaum abgegrenzt werden. Zusätzliche Hinweise sind Zysten, Fehlstellungen und Druckschmerzen sowie eine geringere Belastungs- und Bewegungsfähigkeit des Handgelenks.

Um eine Pseudarthrose zu beheben ist eine operative Behandlung notwendig, bei der die pathologisch veränderten Knochenflächen entfernt werden.Bei schwerer Ausprägung kann die Scaphoid-Pseudarthrosenur noch durch eine künstliche Gelenkversteifung behandelt und so eine Gelenkfehlstellung sowie chronische Schmerzen verhindert werden; dabei wird die permanente Bewegungsunfähigkeit in Kauf genommen.

Literaturquellen

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  • Aumüller, G., Aust, A., Engele, J., et al. (2014). Duale Reihe – Anatomie (3. Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag, S. 485 ff., 497.
  • Waldner-Nilsson, B., Breier, S., Diday-Nolle, A. P. et al. (2013). Handrehabilitation (2. Auflage). Heidelberg: Springer Verlag, S. 200 f.
  • Schmidt, H. M., Lanz, U. (2003). Chirurgische Anatomie der Hand (2. Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag, S. 68 ff.H
  • Hoffmann, R. (2009). Checkliste Handchirurgie (3. Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag, S. 55 ff.
  • Schünke, M., Schulte, E., Schumacher, U., et al. (2011). Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem – Prometheus (3. Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag, S. 238 ff.
  • Schmitt, R., Lanz, U. (2015). Bildgebende Diagnostik der Hand (3. Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag, S. 44 f.

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Proximales Handgelenk (Radiokarpalgelenk) (2)Kim Bengochea, Regis University, Denver

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